Dienstag, 04. Mai 2010, 19:30 - 21:30 Uhr Bremen, Haus der Wissenschaft, Sandstr. 4/5 >>>
Prof. Dr. Gerd E. Schäfer Institut für Bildungsphilosophie, Anthropologie und Pädagogik der Lebensspanne, Humanwissenschaftliche Fakultät, Universität Köln [Homepage...]
„Bildung des kindlichen Anfängergeistes.
Herausforderung frühkindlichen Lernens“
Das nächste Fachgespräch, am Dienstag, den 04. Mai 2010, bietet ein Highlight der Expertise zur frühkindlichen Bildung. Der national wie international renommierte Bildungswissenschaftler, Prof.
Dr. Gerd E. Schäfer von der Universität Köln wird in Bremen begründen, warum wir auf den Kindergarten / die Kindertagesstätte als Bildungseinrichtung nicht verzichten können sowie was und wie Kinder dort lernen können.
[Aushang zum Ausdrucken]
Die Veranstaltung findet statt im Rahmen des von der Robert Bosch Stiftung geförderten Projektes "Profis in Kitas" an der Universität Bremen. Mit diesem herausragenden Vortrag feiert das PiK-Projekt den vierten Geburtstag und die 21ste Veranstaltung der Bremer Fachgespräche.
Zum Vortrag:
Kurzfassung
Neue Erkenntnisse – insbesondere aus der Neurobiologie, der Säuglings- und Kleinkindforschung – nötigen uns, das frühkindliche Lernen zu überdenken. Wir wissen einiges darüber, wie Kinder vom Wissen der Erwachsenen lernen. Aber in den ersten Lebensjahren sind die Alltagserfahrungen der größte Lehrmeister der Kinder. Wie Kinder in diesen frühen Jahren aus Erfahrungen lernen (Erfahrungen, die man ihnen nicht beibringen kann) und wie aus diesen Erfahrungen ein bewusstes Können und Wissen entsteht, darüber steht nichts in den Bildungsempfehlungen der Länder und darüber gibt es auch keine ausgearbeiteten Konzepte. Wenn Kinder „Forscher“ sind, wie so gerne gesagt wird, dann sind sie Erforscher ihres Alltags durch Erfahrungslernen. Dafür sind sie bestens ausgestattet. Sie lernen auf diese Weise vom ersten Lebenstag an und sie wissen dabei nicht einmal, dass sie lernen. Der Vortrag will erläutern, was das für eine Pädagogik der ersten Lebensjahre bedeutet.
Ausführlichere Fassung
Bevor Kinder Wissen erwerben können, müssen sie Erfahrungen sammeln. Was heißt es, erste Erfahrungen zu machen, ohne sich dieser Erfahrungen bewusst zu sein? Wie entsteht aus diesen Erfahrungen ein Wissen über das Kinder auch bewusst verfügen, das sie vermehren und verbreitern können. Das sind die grundlegenden Probleme frühkindlicher Bildung, denn, wie man aus Erfahrungen Gedanken macht, das lernen die Kinder in der frühen Kindheit.
Vom ersten Lebenstag an sammeln Kinder Muster gelebter Szenen, die ihnen, in späteren, ähnlichen Situationen wieder in den Sinn kommen. Sie benutzen sie als Modelle für neue Erfahrungen, probieren aus, ob ihre alten Erfahrungen passen und bauen sie um, entlang den Notwendigkeiten der neuen Situation. Obwohl sie in ihrem Gedächtnis gespeichert sind, brauchen sie sich nicht bewusst daran erinnern.
Damit solche Erfahrungen später einmal des Bewusstsein erreichen, dazu brauchen Kinder Erwachsene, die ihnen spiegeln, was sie bei den Kindern wahrnehmen. Im Spiegel der Andern erkennen sie nicht nur sich selbst, sondern auch das, was sie erlebt und erfahren haben. Die Erwachsenen und anderen Kinder sind die Werkzeuge, die Kinder benötigen um ihre eigenen Erfahrungen zu klären. Später sind es dann die Materialien, die Sprache, mit deren Hilfe sie sich auch selbst ein Bewusstsein ihres Könnens und Wissens verschaffen können. Es ist unvermeidlich, mögen die Erfahrungen selbst noch so individuell und persönliche sein, ins Bewusstsein gelangen sie nur über den Spiegel der Anderen. Deshalb brauchen sie dazu das Verständnis und die Unterstützung einfühlsamer Erwachsener von Anfang an. Denn ohne eine passende, einfühlsame Resonanz, werden ihnen auch ihre Erfahrungen seltsam und unpersönlichen bleiben.
Zum Referenten:
Allgemeine Angaben
Geboren: 1942. Abitur an einem naturwissenschaftlichen Gymnasium. Lehrer- und
Sonderschullehrerstudium. Weiterstudium in Pädagogik, Psychologie, Philosophie.
Promotion und Habilitation im Bereich Allgemeine Erziehungswissenschaft 1985.
Professor für Elementar- und Grundschulpädagogik in Augsburg. Seit 1997 Prof. für
Allgemeine Erziehungswissenschaft und Pädagogik der frühen Kindheit, Familie,
Jugend an der Universität Köln. Dort Betreuung des Diplomstudiengangs Pädagogik der frühen
Kindheit, Familie.
Prof. Schäfer baut an der Hochschule für Künste Bremen den Studienbereich "Elementare Musikpädagogik" aus. Zuständig ist Frau Prof. Stille.
Die WeltWerkstatt wurde auf Initiative von Gerd E. Schäfer, Professor für Pädagogik der frühen
Kindheit an der Universität zu Köln, gegründet. Die Fortbildungen werden von Mitarbeiterinnen
durchgeführt, die in Wissenschaft, Fachberatung, Fortbildung und Praxis tätig sind.
[www.weltwerkstatt.de/]
Forschungsschwerpunkte
Frühkindliche Bildungsforschung, Naturwissen der Kinder, Ästhetische Bildung, Spiel
Wichtige Projekte der letzten fünf Jahre:
Entwurf für eine Bildungsvereinbarung in NRW. Expertise zu den wissenschaftlichen
Grundlagen frühkindlicher Bildung für das Land NRW.
Modellprojekt "Wirklichkeit und Phantasie" in Thüringen; Ziel: Entwicklung und
Umsetzung von Bildungskonzepten in Kindertagesstätten;
Professionalisierungsprojekt für vier Modelleinrichtungen.
Modellprojekt "Professionalisierung frühkindlicher Bildung" in NRW; Ziel: Entwicklung
eines Beobachtungsmodells, Umsetzung von Bildungskonzepten in
Kindertagesstätten, Entwicklung von didaktischen Materialien;
Professionalisierungsprojekt für 10 Modelleinrichtungen.
Qualitätsentwicklung für den Alternativen Wohlfahrtsverband, SOAL, Hamburg
Naturwerkstatt Mülheim/Ruhr; Ziel: Naturwissen von Kindern - ethnografische
Beobachtungen; Entwicklung von didaktischen Konzepten für Kinder von 2 - 7;
Entwicklung von Fortbildungsmaterial für eine elementare Didaktik des Naturwissens.
Wichtige Veröffentlichungen:
Schäfer, Gerd E.: Bildungsprozesse im frühen Kindesalter, Weinheim1995, 2. Aufl.
2002, Juventa [socialnet.de-Rezension]
Ders.: Sinnliche Erfahrung bei Kindern. In: Lepenies, A., Nunner-Winkler, G., Schäfer,
G. E., Walper, S.: Kindliche Entwicklungspotentiale. Band 1 Materialien zum 10.
Kinder- und Jugendbericht. München 1999, DJI Verlag
Ders. (Hrsg.): Bildung beginnt mit der Geburt. Weinheim, Basel 2005, 2. Aufl. Beltz [socialnet.de-Rezension]
Arbeitsgruppe "Professionalisierung frühkindlicher Bildung", wiss. Leitung, Prof. Dr.
G. E. Schäfer, Dr. Rainer Strätz: Beobachtung und Dokumentation in der Praxis.
Kronach 2005, Carl Link Verlag
A. von der Beek, Gerd E. Schäfer, A. Steudel: Bildung im Elementarbereich -
Wirklichkeit und Phantasie. Weimar, Berlin 2006, verlag das netz
Zum Einlesen
Wer sich ein wenig in die Texte von Prof. Schäfer einlesen möchte - hier drei Download-Links:
Schäfer, Gerd E. (2001_12): Prozesse frühkindlicher Bildung. Aktuelle Fassung der Vorlesung zum Thema Bildungsprozesse im frühen
Kindesalter.
Schäfer, Gerd E. (2006_01): Spiel. Die folgende Untersuchung unterscheidet zwei Weisen des Zugangs zu einer Untersuchung des
Phänomens Spiel und sucht sie an exemplarischen Positionen der Spielforschung herauszuarbeiten:
eine funktionsorientierte und eine strukturdynamische. Beide Richtungen haben wesentliche
Dimensionen der Bedeutung des Spiels für den kindlichen Bildungsprozess herausgearbeitet.