Bremer PiK-Fachgespräche
"Bildung von Anfang an"
Donnerstag, 04. Februar, 19:30 - 21:30 Uhr
Bremen, Haus der Wissenschaft, Sandstr. 4/5

Univ.-Prof. DDr. Lieselotte Ahnert [Home...]
Institut für Entwicklungspsychologie und Psychologische Diagnostik der Universität Wien
„Bildung + Bindung:
Wie Bindungsqualitäten die Bildungsentwicklung in Früher Kindheit formen“
Zum Auftakt der diesjährigen Fachgespräche "Bildung von Anfang an" referiert die international bekannte Entwicklungspsychologin Prof. Dr. Lieselotte Ahnert von der Universität Wien zum Thema Bildung und Bindung in der Frühen Kindheit. Prof. Ahnert ist u. a. Spezialistin für die Bindungsfragen, die sich im Zusammenhang mit der Krippenversorgung stellen.
[Aushang zum Ausdrucken]
Die Veranstaltung findet statt im Rahmen des von der Robert Bosch Stiftung geförderten Projektes "Profis in Kitas" an der Universität Bremen. Mit diesem herausragenden Vortrag feiert das PiK-Projekt den vierten Geburtstag und die 21ste Veranstaltung der Bremer Fachgespräche.
Zum Vortrag:
Die Erfahrung emotionaler Sicherheit und Geborgenheit in Familie und Kindertageseinrichtung ist Voraussetzung dafür, dass ein Kind sich ganzheitlich entwickeln und seine Bildungschancen nutzen kann. In der modernen Forschung wird die Bildungsentwicklung in der Frühen Kindheit heute als Ergebnis eines Wechselspiels von angeborenen Wissensstrukturen, Lernfähigkeiten und Wissensvermittlung gesehen. Prof. Lieselotte Ahnert legt in ihrem Vortrag den Humboldt’schen Bildungsbegriff zugrunde, der "die Anregung aller Kräfte eines Menschen" in den Mittelpunkt stellt, "damit sie sich entfalten (...) und zur tätigen Aneignung der Welt und einer sich selbst bestimmenden Individualität führen".
Um diesen umfassenden Bildungsbegriff auf das Säuglings- und Kleinkindalter anwenden und in seiner frühpädagogischen Umsetzung diskutieren zu können, bedient sich Prof. Ahnert entwicklungspsychologischer Erkenntnisse aus der Erforschung früher Denkleistungen, kulturellen Lernens und sozialer Interaktion. Dabei wird der Zusammenhang von Bindung und Bildung entwickelt, der in den Traditionen von Pädagogik und Psychologie bisher kaum thematisiert wurde.
Auf der Grundlage eigener Forschung analysiert Prof. Ahnert, warum sich frühe Bildungsprozesse in Familie und öffentlicher Betreuung unterscheiden und sie stellt Möglichkeiten vor, wie sich frühkindliche Bildungsprozesse verbessern lassen, wenn bindungspsychologische Erkenntnisse berücksichtigt werden.
Bindungen sind "innige" Beziehungen, die das Sozialverhalten prägen - vom Hamster bis zum Homo sapiens. Seit der britische Psychoanalytiker John Bowlby die Bindungstheorie in den 1950er Jahren aufstellte, wird auf diesem Gebiet interdisziplinär viel geforscht. Anfängliche Widersprüche können nun zunehmend geklärt werden. Auch das verspricht einen interessanten Vortrag und eine spannende Diskussion.
Zur Referentin:
Univ.-Prof. DDr. Dipl.-Psych. Lieselotte Ahnert ist seit Oktober 2008 Professorin für Angewandte Entwicklungspsychologie mit dem Schwerpunkt Lernen und
Stv. Institutsvorstand
des Instituts für Entwicklungspsychologie an der Fakultät für Psychologie der Universität Wien.
Lieselotte Ahnert ist eine international renommierte Bindungsforscherin mit langjähriger Supervisionserfahrung in der Krippenbetreuung. In ihren Publikationen geht sie den Fragen der Wirkungen früher Bindungen aus vielfältigen Blickwinkeln der internationalen Forschung nach. Dabei bietet sie den LeserInnen die Prüfung dessen an, was wir alle über die Kinderbetreuung so sicher zu wissen glauben. Insbesondere stellt sie das Erleben und Verhalten des Kindes in den Mittelpunkt ihrer Untersuchungen.
Die sind ihre Forschungsthemen im Überblick
- Kleinkinder in familiärer und außerfamiliärer Betreuung: Entwicklungskonsequenzen
- Beziehungsbezogene Determinanten früher Bildung: Erzieher(innen)-Kind-Beziehungen
- Stressreaktivität und kindliche Belastungen in außerfamiliärer Betreuung
- Peer-Kontakte als Entwicklungsressource
- Die Mutter-Kind-Bindung und ihre Variationen
Hier ihre wissenschaftlichen Entwicklungsstationen:
1974-79 Studium der
Psychologie an der Humboldt-Universität Berlin, Promotion zur
"Entstehung und Wandlung von Wortbedeutungen" ebendort.
1979-82 leitende Psychologin der Krippenvereinigung
in Berlin/Prenzlauer Berg.
1982-89 Institut für Hygiene
des Kindes- und Jugendalters Berlin.
1986-90 Gastprofessorin am
Institut für Psychologie der Universität Leipzig.
1991-2001 Vorsitzende
des “Interdisziplinären Zentrums für Angewandte Sozialisationsforschung”
in Berlin. 1996-99 National Institutes of Health,
Washington/Bethesda, NICHD, Aufenthalte an den Universitäten
Maryland und Minnesota, USA. 2000 Dr. phil. habil. Universität
Jena über "Bindungsbeziehungen in kombinierter familiärer und außerfamiliärer Kleinkindbetreuung: Möglichkeiten und Grenzen ihrer Genese und Funktion". 2001-06 Lehrtätigkeit an der FU Berlin. 2004 Professur für
Entwicklungspsychologie an der Hochschule Magdeburg-Stendal.
2006-08 Professur für Entwicklungsförderung und Diagnostik an
der Universität zu Köln. Seit Oktober 2008 Professur für Angewandte Entwicklungspsychologie mit dem Schwerpunkt Lernen und Stv. Institutsvorstand des Instituts für Entwicklungspsychologie an der Fakultät für Psychologie der Universität Wien.
Lieselotte Ahnert faszinieren die Intelligenz- und Sozialentwicklung von Kindern. Nach eigenen Aussagen war es früher nicht einfach, Kleinkinder systematisch und tiefgründig zu untersuchen. Erst mit der Anwendung der Videotechnik in den 1970er Jahren wurde es möglich, die Entwicklungsverläufe auch bei sehr kleinen Kindern aufzuspüren. Als es in Westberlin noch kaum Kinderkrippen gab, hat Lieselotte Ahnert in Ostberlin bereits Studien mit Krippenkindern durchgeführt. Diese sollten Antworten darauf liefern, warum Kleinkinder, die ein volles Jahr mit ihren Müttern zu Hause verbringen konnten, nach Krippenaufnahme plötzlich häufiger erkrankten als Kinder, die viel früher aufgenommen wurden. Entgegen den ursprünglichen Erwartungen, dass das etwas besser ausgereifte Immunsystem der Kinder eine niedrigere Infektgefährdung nach sich zieht, hat sich damals herauskristallisiert, dass die Krankheiten der Kinder mit der Trennungsbelastung und Mutter-Kind-Bindung im Zusammenhang standen. Seither beschäftigt sich Lieselotte Ahnert mit den Bindungsbeziehungen von Kleinkindern und ihrer Funktion in Belastungssituationen.
Zum Einlesen
Wer sich ein wenig in die Bindungstexte von Prof. Ahnert einlesen möchte - hier vier Download-Links:
- Ahnert, Lieselotte (2007): Von der Mutter-Kind-Bindung zur Erzieherin-Kind-Beziehung? In: F. Becker-Stoll, B. Becker-Gebhard & M. R. Textor (Hrsg.), Die Erzieherin-Kind-Beziehung – Zentrum von Bildung und Erziehung (S. 31–41). Weinheim: Beltz PVU [Link]
- Ahnert, Lieselotte; Gappa, Maika (2008): Entwicklungsbegleitung in gemeinsamer Erziehungsverantwortung. In: J. Maywald & B. Schön (Hrsg.), Krippen: Wie frühe Betreuung gelingt (S. 74-95) Weinheim: Beltz [Link]
- Ahnert, Lieselotte; Harwardt, Elena (2008): Beziehungserfahrungen der Vorschulzeit und ihre Bedeutung für den Schuleintritt. Empirische Pädagogik, 22(2) 145-159 [Link]
- Lesenswerte Rezension von Dr.
Christian Brandt des Ahnert-Buches "Frühe Bindung. Entstehung und Entwicklung" auf "socialnet.de" [Link]
Weitere Texte und Informationen finden sich auf Prof. Ahnerts persönlicher Homepage: www.lieselotte-ahnert.de
Weitere Informationen erhalten Sie von der
PiK-Projektkoordinatorin:
Gisela Koeppel
Tel.: 0421-218-69229
E-Mail: koeppel@uni-bremen.de
zuletzt aktualisiert: 20100614 (mz)
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